Tag 5: Endlich die Sonne im Rücken

Unser letzter Lauftag der Probetour von Frankfurt/Oder nach Berlin begann früh. Pünktlich 8:00 Uhr saßen wir neben unserer lustigen Radfahrergruppe am Frühstückstisch, schmuggelten geschmierte Brötchen und gekochte Eier nach draußen, füllten unser Wasser ab, Rucksack auf und los. Der Muskelkater und Regen der ersten Tage war fast vergessen, zumindest mein Gemüt war wirklich gut drauf und auch Bärbel und Gela hatten wie immer ein Lächelna auf den Lippen. Wir waren gespannt, was uns heute erwarten wird.

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So liefen wir entlang der laaangen Hauptstraße durch Straußberg, gönnten uns noch einen Kaffee „to go“ bei der Bäckersfrau und schon kam die Sonne für uns raus. ENDLICH! Es hat schließlich die letzten vier Tage nur geregnet. Die gelbe Muschel auf blauem Grund führte uns am Strausberger See entlang, schön war es zu laufen. Jetzt, wo die Sonne endlich rauskam, erschien alles gleich viel schöner. Hallo, goldner Herbst! 🙂

Weiter ging es nun ein Stückchen durch den Wald, etwas matschig war es noch von den letzten vier Regentagen, aber das machte uns nichts. Manchmal mussten wir nach neuen Wegzeichen suchen, aber irgendwie fanden wir dann doch den Weg. Immer ´gen Westen, kann man ja fast nichts falsch machen. Am Ausgang des Waldes kamen wir an einen kleinen Lehrpfad mit zauberhaften Holzgestalten. Zauberer, Elfen und mystische Wesen standen entlang des Weges.

Eine kleine Rast machten wir schließlich an der roten Pferdeschenke auf halber Strecke. Doch die Pause wurde kleiner als gedacht, denn leider wurden wir sehr unfreundlich empfangen, als wir unsere Brötchen draußen auf der Bank essen wollten. Dabei hätte ich mir fast ein Stück Kuchen gekauft, aber auch nur fast. Das war uns dann wirklich zu blöd, sodass wir uns nicht weiter ärgerten und weiter in Richtung Werneuchen liefen.

Erfreulicherweise kamen wir entlang des Obstgutes „Müller“ vorbei. Im Hofladen gab es allerlei leckerste Äpfel zu verkosten, dazu Pflaumen, Nüsse und Aufstriche, Wein und Obstsäfte direkt vom Hof. Hier lies es sich ein paar Momente verweilen, so hektisch auch alles wirkte, mit Menschen die Körbe voller Äpfel zu ihren Autos scharrten und Kinder, die sich gegenseitig jagten, es hatte etwas heimisches.

Über weite Felder es ging nun wirklich schnell zum Bahnhof Werneuchen, die Sonne im Rücken, so wie es sein soll. Das war schön. Ich nutze hier auch ein paar Minute um einige schöne Fotos zu schießen, zum Glück hatten meine beiden Begleiterinnen etwas Geduld mit mir, wenn ich doch sehr weit zurück lag. Das Warten hatte sich aber gelohnt. Meine Fotos sind toll geworden! 🙂

In Werneuchen angekommen, verabschiedete ich nach 24km meine beiden Mitläuferinnen Gela und Bärbel, sie sollten wieder nach Berlin fahren. Der Abschied viel mir schwer. Das war echt ein komisches Gefühl. So viele Stunden, sogar Tage, lief ich mit ihnen zusammen. Durch Regen und Sturm, Matsch und Kälte, Sonnenschein, mal hungrig und durstig, schlecht gelaunt, lachend oder müde, gespannt oder völlig entspannt. Wie dankbar ich bin, diese beiden Powerfrauen an meiner Seite zu haben. Das ist so viel Wert.

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Für mich ging es weitere 5km nach Werneuchen Nord, ich wollte noch die letzte Projektherberge besichtigen. Gespannt war ich auf die Jugendbildungsstätte Kurt- Löwenstein, die ich schon von Bildern kannte und wirklich toll aussah.

Das Gebäude erinnerte mich an ein altes, riesiges Internat. Außen rankelten rote Pflanzen empor, davor ein kleiner Park und innen roch es nach alten Gemäuern eines Schulgebäudes. Ein ganz wenig gruselig, zum Glück schien die Sonne. Wenn es dunkel gewesen wäre, hätte es auch ein Geisterhaus sein können. hihi.

Zwei ehrenamtliche Mitarbeiter empfingen mich wirklich nett, auch wenn sie absolut nichts von meinem Besuch wussten. Ich stiftete wohl mächtig Verwirrung, bekam aber nach einer kleinen Wartezeit, dann doch meinen Zimmerschlüssel.

Nun war aber erst 16Uhr gewesen, ich, alleine in diesem riesigen Internatsgebäude mit einer polnischen Jugendgruppe, die sich hier zu einem internationalen Treffen zusammen gefunden hatten, fühlte ich mich schon etwas allein.

Und so entschloss ich mich dann doch, nach Besichtigung des Gebäudes, den Weg nachhause anzutreten. Ich vermisste mein Bett nach den sehr regenreichen und abenteuerlichen letzten Tagen sehr. Also stieg ich 16:30 Uhr in den Bus, nahm 17Uhr den Regionalzug nach Berlin und konnte mich bereits zwei Stunden später auf meine Couch fallen lassen. Was für ein Erlebnis, ich war echt überwältigt. Das wird ein großes Abenteuer für uns im nächsten Jahr. 12 Personen, ein Weg und eine Mission. WOW.

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Was soll ich sagen, der Jakobsweg ist und bleibt etwas ganz besonderes. Ich lerne stets so viel über mich selbst, meinen Körper und meine Gedankenwelt. Es ist wie Meditation, im Hier und Jetzt. Es reinigt die Seele und man spürt die Wahrheit des Lebens, warum wir eigentlich hier sind. Wenn ich mir eines immer wieder bewusst werde, ist es, zu leben. Ich möchte niemals sagen müssen „ach hätte ich mal“. Nein, ich gehe mit Euch, für Euch, mit Herz und Blut.

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In großer Dankbarkeit, dass wir alle hier sein dürfen.

BUEN CAMINO*

Eure Annelie

4 Antworten auf “Tag 5: Endlich die Sonne im Rücken”

  1. Es waren unvergessliche Tage, ich lese jeden deiner Reisebeschreibungen mehrmals und habe das Gefühl das ich gestern erst nach Hause gekommen bin. Ganz lieben Dank für diese Möglichkeit es durch deine Zeilen noch einmal zu leben und das ich dabei sein konnte und wieder dabei sein werde.
    Die Gela

    Gefällt 1 Person

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