Rucksack auf und los – zurück in die Freiheit des Pilgerns
Nun war es endlich soweit. Der Testlauf der Strecke Frankfurt/O- Berlin stand auf dem Plan und ich hatte sogar das Vergnügen zwei tolle Menschen an meiner Seite zu haben. Ja, wie ich wieder einmal lernte, manchmal läuft es sich besser in Gemeinschaft. Dieser Grundsatz sollte uns die nächsten Tage begleiten, zum Glück wussten wir bis dahin noch nicht warum…
Nun stiegen wir am Mittwochmorgen in den Regionalzug in Erkner und waren bereits 40min später am Hauptbahnhof in Frankfurt/O angekommen. Von dort war der Weg nicht weit bis zur Marienkirche, unser Startpunkt. In der Kirche, leider etwas eingebaut zwischen großen Stadtgebäuden, erhielten wir unseren ersten Pilgerstempel. Ein bisschen Euphorie kam schon auf. Ich war gespannt auf die nächsten Tage.
Auch waren die ersten Muschelzeichen zu finden, die uns gleich einmal im Kreis um die Kirche führten. Na toll, ich dachte der Weg ist gut ausgezeichnet? – „Wir müssen nach Nord-Westen laufen“, meinte ich. Was für ein kluger Kommentar, Annelie! – Nachdem wir in der Touristeninfo dann doch noch einmal nach dem Weg fragten, führten uns die nächsten gelben Pfeile entlang der Oder und der deutschen Landesgrenze, bis zur Stadtgrenze Frankfurts. Von dort verlief der Weg für uns meist entlang der Straße, wobei wir einmal die Abzweigung verfehlten und später erst wieder auf den „Jakobsweg“ stießen. In Deutschland ist das manchmal wie bei einer Schnitzeljagd, ganz nach dem Motto: Suche die nächste Muschel.
Nach guten 10km und einem kleinen Schlenker durch ein kleines Waldstück, ging es dann endlich auf Feldwegen weiter. Wir hatten Glück, das Wetter hielt und zumindest heute sollten wir dem Regen verschont bleiben. Die erste Etappe, über ca. 17km, verging schnell. Nur ein kleiner Halt in einer netten Bäckerei für einen Kaffee „to go“ hielt unsere Füße vor dem Weiterlaufen auf.
Wirklich fit und munter kamen wir in Siversdorf bei Frau Scheffler an. Die Pilgerherberge an der Orgelwerkstatt ist die älteste Herberge Brandenburgs und feierte erst vor einigen Wochen ihr 10 jähriges bestehen. Meine Güte, wir sind ganz schön „jung“ auf den deutschen Jakobswegen. Schön ist es aber zu sehen, dass sich trotzdem einige Herbergen so toll etabliert haben. Frau Scheffler, die leider etwas krank war und uns mit Kopftuch und Wollschal empfang, hat ihre Herberge toll eingerichtet. Alles aus Holz, schöner Dilenboden, stilvoll, ordentlich und wir fühlten uns gleich zuhause. Zum Essen gab es selbstgemachte Soljanka, Brot und Aufschnitt, dazu warmer Tee. Eine heiße Dusche dazu, nette Gespräche und zumindest ich war wieder im Pilgeralltag angekommen.
Einige Stunden saßen wir beisammen und unterhielten uns über Gott und die Welt, kein TV, kein Internet, kein Luxus, einfach nur wir. In Brandenburg hat man eh kein LTE-Empfang, so stellte ich mein Telefon gleich auf Flugmodus um garnicht in die Versuchung zu kommen, dem social-media Zwang zu verfallen. Für Tag 1 unserer Pilgerwanderung blieb mir ein glückliches Lächeln, irgendwie genoss ich es genau da zu sein, im hier und jetzt. So einfach wie es war.
Merke: Das Einfache kann doch so schön sein!
BUEN CAMINO*
Annelie
Wer die Pilgerherberge an der Orgelwerkstatt und Frau Scheffler persönlich kennenlernen will, kann sich gerne hier anmelden und ein gemütliches Bett buchen:
Pilgerherberge an der Orgelwerkstatt
Jeder Besuch ist Willkommen!